Melodie des Sommers


Dänemark - Langeland

Rot blüht der Mohn

Text und Fotos: Stephan Käufer

Noch ist der Vormittag kühl. Doch bald schon wird der Tau auf dem Gras von den wärmenden Strahlen der Sonne abgewischt. Der Duft von Sommerblumen wird nun leicht in der Luft liegen. In den Gärten, neben den strohgedeckten Fachwerkhäusern, werden zwischen dem wild gewachsenen roten Mohn, den weißen Margeriten und den violetten Disteln Hummeln tanzen.


Tanzende Hummeln, die Melodie des Sommers

Sie werden die ewige Melodie von üppiger Fülle und dem Überfluss des Sommers summen. Dann, wenn die Sonne fast ihren Zenit erreicht hat, werden die Kinder auftauchen. Sie werden, Handtuch und Volleyball bewehrt, an dem fast schon gelben, kurz vor der Reife, stehendem Getreide und an den sich im warmen Sommerwind, in saftigem Grün, wiegenden Wiesen vorbei zu den Stränden ziehen. Von den im nördlichen Teil der Insel liegenden Stränden werden die Kinder in der Ferne die kühn gespannte Brücke über den Störe Belt erblicken können.


Störe Belt Brücke im Abendlicht

An den Stränden im südlichen Teil werden sie vielleicht den Leuchtturm von Keldsnor sehen. Vielleicht werden sie auch von den wilden Exmoor Ponys, die seit 2003 in der Gegend um Klise Nor im südlichen Langeland heimisch gemacht werden, in ihren Bann gezogen.


Leuchtturm Keldsnoer mit Color Fantasy

Langeland – langes Land - liegt zwischen Kattegat und Ostsee. Die Insel ist westlich über eine Brücke mit der Insel Taesinge und über diese und eine weitere Brücke mit der Insel Fünen verbunden. Vom Hafen Spodsbjerd auf der Ostseite der Insel, erreicht die Fähre die Insel Lolland. Über diese eine weitere Fähre die Insel Fehmarn und damit Schleswig – Holstein. Etwa 55 km misst die Insel in Nord – Süd Richtung. In Ost - West Ausrichtung an der breitesten Stelle etwa 9 km. Daher auch der Name „langes Land“. Feinsandig und zahlreich sind ihre Strände, das hügelige Landesinnere besteht im Wechsel aus Schatten spendenden Wäldern, weiten Wiesen und fruchtbaren Ackerflächen. Rudkoebing, wo die Brücke zur Insel Taesinge den Sioe - Sund überspannt, verdient noch am ehesten die Bezeichnung „Stadt“.


Bagenkop südlichste Stadt der Insel Langeland

Hier besteht auch die ein oder andere Möglichkeit zum Shoppen. Bitte nicht falsch verstehen, „die ein oder andere“ Möglichkeit. Bagenkop, Spodsbjerg oder Lohals verfügen über kleine Sportboothäfen, in denen es an lauen Sommerabenden durchaus lebendig zugeht. Auch die Fischereiflotte der Insel nutzt die kleinen Häfen zum Anlanden ihrer Meeresfrüchte. Die Dörfer muten an wie kleine Puppenstuben, die Sonne scheint (fast) immer, und die Kühe sind glücklich (meistens).


Einzig mit dem Geschick der Hände entsteht hier Handwerkskunst

„Handwerkskunst ohne Schnörkel“ steht da in dem kleinen Ausstellungsraum am Stoensevej. „Bevor wir hierher kamen lebten wir in Kopenhagen“, erzählt Esben Langkilde. Esben ist Anfang dreißig und betreibt zusammen mit seiner Freundin Jannie Nielsen die kleine Töpferei „Potteriet“ in Tranaeker. „In Kopenhagen hatten wir einen Chef“, ergänzt die Rotblonde. „Wir wollten unsere eigene Töpferei haben. Hier ist es ruhiger und die Landschaft ist so schön“, erklärt Jannie weiter.


Auf Langeland herrscht Ruhe, meint Jannie Nielsen

Seit zwei Jahren leben sie nun hier und fertigen Geschirr in Steingut und Porzellan. Ihr Traum, die eigene Töpferei, hat sich erfüllt sie machen einen zufriedenen Eindruck. Am meisten verkaufen die Zwei während der Sommermonate an die Touristen, aber auch die Einheimischen kommen immer häufiger, um bei ihnen einzukaufen. Viele Künstler, die sich mit Keramik beschäftigen, haben sich in den letzten Jahren auf der Insel niedergelassen. Manche fertigen Gebrauchskeramik, andere ausschließlich Kunstgegenstände. Viele kleine Galerien, in denen oft die Kunstwerke von renommierten Künstlern präsentiert werden, sind über die Insel verstreut und warten darauf entdeckt zu werden.


Kleine Galerien sind über die ganze Insel verstreut

Im Park von Schloss Traenaker haben in der Vergangenheit zwanzig Künstler von internationalem Ruf „Land Art“ geschaffen. „Land Art“ bedeutet, dass alle Werke aus organischem Material in der Natur geschaffen werden. So können diese mit der Natur verschmelzen, sind aber auch ihrem Wirken, dem Kreislauf von Werden, Vollenden und Vergehen ausgeliefert. Da die Kunstwerke nicht gepflegt werden, weil es dem Anspruch von „Land Art“ widersprechen würde, existieren derzeit nur noch vierzehn der ursprünglichen Werke.
Ortswechsel, vom Schlosspark zum Herrenhaus. Ein Platschen in der Entengrütze. Jetzt wieder. Und noch einmal. Die Ente, die ruhig in der Grütze schwimmt, stört sich an dem Platschen nicht. Nur Vogelgezwitscher untermalt in lustiger Melodie die Ruhe im Park. Da, wieder das Glucksen, ein Fisch schnellt aus dem Modder heraus, schnappt nach einem Insekt und platscht wieder in sein Element zurück. Zurück in sein Reich, den baumumsäumten Wassergraben rund um den Herrensitz Skovsgaard. Im Jahre 1979 vermachte die damalige Besitzerin Ellen Fuglede den Herrensitz dem „Dänischen Naturfond“. Dieser stellte das Anwesen mit seinen Ländereien unter Naturschutz und öffnete es für Besucher. Skovsgaard ist heute ein nach ökologischen Gesichtspunkten betriebener landwirtschaftlicher Betrieb. Die weitläufige Anlage beherbergt verschiedene Museen, interessante Ausstellungen und ein Café.


Herrensitz Skovsgaard mit angeschlossenem Cafe

Der naturnahen Entwicklung ohne den Eingriff des Menschen wird auf Langeland, ebenso wie der Kunst, sehr viel Raum gegeben. Bereits im Jahr 2003 wurden im Klise Nor in der Nachbarschaft von Bagenkop, Exmoor Ponys angesiedelt. Diese Tiere sind weitgehend sich selbst überlassen. Nahrung finden sie auf den dortigen Wiesen, und das Abweiden dient der Vogelpopulation. Mittlerweile wurde ein zweites Areal bei Dovns Klint den ursprünglich aus Südwestengland stammenden Tieren überlassen und die Herde ist auf fast 40 Pferde angewachsen. Die Georg-August-Universität Göttingen nutzt das etwa 120 ha umfassende Gelände, um dort im „natürlichen“ Lebensraum Langzeitstudien über den Einfluss von Pferden auf Naturlandschaften durchzuführen.


Abendstimmung an Langelands Stränden

So werden dann gegen Abend die Kinder wieder vom Strand zurückkehren. Vielleicht hat im Verlauf des Nachmittages auf dem ein oder anderen Feld der Bauer mit der Ernte begonnen. Die Sonne wird irgendwo westlich, bei den Inseln Fünen, Taesinge oder Aeroe, im Meer versinken um am kommenden Morgen strahlend wieder über dem Meer im Osten aufzugehen.